Tag 21: Lyrik

Joseph Brodsky (1940–1996)

GEH NICHT AUS DEM ZIMMER!

Ein Irrtum, verläßt du das Haus.
Wozu brauchst du Sonne, wenn du deine Blättchen rauchst?
Hinter der Tür ist alles sinnlos, besonders – Glücksgeschrei.
Nur rasch bloß aufs Klo und dann gleich wieder herein.

Oh, geh nicht aus dem Zimmer, ruf keinen Motor.
Weil der Raum ohnehin nur aus einem Korridor
besteht und mit dem Stromzähler endet. Und kommt eine
Milka mit offenem Mund: jag sie weg! ohne sie zu entkleiden.

Geh nicht aus dem Zimmer; betrachte dich als erkältet.
Die Wand, der Stuhl: gibts Interessanteres auf der Welt? Es
bringt nichts, warum rausgehen, ja was nützt es,
wenn du abends als der Alte wiederkommst, nur leider verkrüppelt?
Oh, geh nicht aus dem Zimmer. Kapier doch, tanz Bossa Nova
nur im Mantel, ganz nackt, und in Schlappen die bloßen Sohlen.
Auf dem Flur riechts nach Kohl und nach Schmiere für die Skier.
Du hast viele Buchstaben geschrieben; noch einen – und es wären zu viele.

Geh nicht aus dem Zimmer. Als einziges soll so
das Zimmer erraten, wie du aussiehst. Und überhaupt: inkognito
ergo sum, sagte die Substanz zur Gestalt, zornig und zankig.
Geh nicht aus dem Zimmer! Draußen ist ohnehin nicht Frankreich.
Sei kein Idiot! Sei das, was die andern nie waren, nie im Leben.
Geh nicht aus dem Zimmer! Gib dich einzig den Möbeln
hin, verschmelz mit den Tapeten. Sperr dich ein, verbarrikadier dich zum Schluß

1970 / ? (Aus dem Russischen von Ralph Dutli)